Sachliche Einwände gegen die Erweiterung

Mängel/Einwände Bauleitplanung Hollfeld Nord

Der Rat der Stadt Hollfeld hat in der öffentlichen Sitzung vom 22.06.21 unter dem Tagesordnungspunkt 4 die 26. Änderung des Flächennutzungsplanes bzw. die 7. Änderung und Erweiterung des Gewerbegebietes Hollfeld Nord beschlossen.

In einer umfangreichen Darlegung vom 25.08.21 wurden die nachfolgenden Aspekte ausführlich dargelegt. Diese wurden mittlerweile von den Behörden beantwortet und liegen seit November 2021 vor.
Den Einblick in die Antworten auf unsere Eingaben hat mir leider der Bürgermeister verweigert!


Im Folgenden sollen nun in mehreren Einwänden zur gesamten Bauleitplanung Hollfeld Nord,

• formelle Verfahrensmängel,
• inhaltlich-sachliche Unvollständigkeiten sowie
• die mangelhafte Berücksichtigung von relevanten Schutzgütern,

dargelegt und begründet werden.

Die Aspekte und Fragestellungen

Der Wortlaut der Beschlussunterlagen bzw. der öffentlichen Auslegung

Der Wortlaut der Beschlussunterlagen bzw. der öffentlichen Auslegung:
„Die Stadt Hollfeld hat weiterhin Bedarf an Flächen für Gewerbebetriebe, daher werden im Rahmen der 26. Änderung des Flächennutzungsplans gewerbliche Bauflächen dargestellt.
Der Stadtrat der Stadt Hollfeld hat die 26. Änderung des Flächennutzungsplanes (Aufstellungsbeschluss gem. § 2 Abs. 1 BauGB) in der Sitzung vom 22. Juni 2021 beschlossen. Der räumliche Geltungsbereich der Änderung umfasst folgende Grundstücke der Gemarkung Hollfeld: Flurstücksnummern 1381, 1382, 1384, 1385, 1386, 1387 (vollständige Grundstücke) sowie Teilflächen der Grundstücke Flurstücks-nummern 1374/1, 1379, 1380, 1388, 1389, 1393, 1394, 1395“

Fehlender Nachweis der „Begründetheit“ für den „Bedarf“
Wie im Wortbeitrag der entsprechenden Sitzung vom 22.06.21 dargelegt wurde, besteht nach objektivem Kenntnisstand, keinerlei gearteter „Mangel“ an zur Verfügung stehenden Gewerbeflächen im gesamten Stadtgebiet Hollfelds. So stehen immerhin noch über 8,3 ha an freien Gewerbeflächen zur Bebauung für Gewerbetreibende zur Verfügung.
Von einem „Mangel“ oder „weiteren Bedarf an Gewerbeflächen“ kann in diesem Zusammenhang wohl in keinster Form die Rede sein. Die nun beabsichtigte Erweiterung der Gebietes Nord, um immerhin nochmals 5 bis 7 ha „Industrieflächen“, ist somit singulär der beabsichtigten Ansiedlung eines einzelnen Unternehmens mit überproportionalem Flächenverbrauch geschuldet. Evident ist, dass diese Vorhaben allen einschlägigen Rechtsrahmen, Verordnung und Nutzungsgeboten, die bei der Ausweisung von Gewerbe- bzw. Industrieflächen zu berücksichtigen sind, zuwiderläuft.
Da Landfläche eine sehr begrenzte Ressource darstellt, fordern sowohl die Deutsche, wie auch die Bayerische Nachhaltigkeitsstrategie, eine „langfristig deutliche Reduzierung des Flächenverbrauchs bis hin zu einer Flächenkreislaufwirtschaft ohne weiteren Flächenneuverbrauch“.
Mit dem entsprechenden Schreiben vom 16.08.21 wird die Stadt Hollfeld aufgefordert, den „Mangel“ objektiv zu belegen.

Erhebliche Defizite und Missachtung des Grundsatzes der Öffentlichkeit (GO Art. 52)
Für dieses sehr umfangreiche Bauprojekt mit den zu erwartenden einschneidenden Veränderungen und Eingriffen fand in der öffentlichen Sitzung vom 22.06.21, nach der Darlegung, lediglich eine ca. 10-15minütige !, extrem oberflächliche, inhaltlich-sachliche Beschäftigung statt.
Im Vorfeld, am 15. Juni 2021, gab es nur eine inoffizielle „Informationsveranstaltung“, bei der mehrere Projekte vorgestellt wurden. Dies war ausdrücklich keine öffentliche Stadtratssitzung. Jedoch schon eine Woche später standen, die für dieses Projekt erforderlichen Änderungen bzw. Erweiterungen des Flächennutzungsplanes und des Bebauungsplanes auf der Tagesordnung. Es fand also keinerlei, eigentlich erforderlicher, weiterer – öffentlicher – Diskurs oder inhaltlich-sachliche Auseinandersetzung, vor allem mit Abwägungsfragestellungen, in Zusammenhang mit diesem umfangreichen Projekt statt.
Im Konsens mit vielen Kommentaren zum Aspekt des „Grundsatzes der Öffentlichkeit“, bin ich der Auffassung, dass hier der Stadtrat seiner originären Funktion und Aufgabe in der Schaffung von Transparenz, und somit die Teilhabe der Bürger an demokratischen Prozessen zu ermöglichen, in keinster Wei-se nachgekommen ist.
Nach einschlägiger Rechtsauffassung im Sinne der GO und den entsprechenden Urteilen des BayVGH gilt: „Ein Ausschluss der Öffentlichkeit kann jedoch in keiner Weise dadurch gerechtfertigt werden, dass man sich hierdurch einen einfacheren politischen Willensbildungsprozess verspricht. Gleiches gilt in Bezug auf Befürchtungen, eine öffentliche Behandlung könnte über die Medien Schwierigkeiten für die Kommune verursachen.“

Einwände und Mängel (Bauleitplanung) insbesondere gegen die parallele Änderung bzw. Erweiterung des Flächennutzungsplanes
Wie § 1BauGB eindeutig klarstellt, ist der Flächennutzungsplan als „vorbereitender Bauleitplan“ zu begreifen, der für das gesamte Gemeindegebiet die städtebauliche Grundordnung darstellt. Aus diesem Flächennutzungsplan hat die Gemeinde im Regelfall zeitlich nachfolgend den entsprechenden verbindlichen Bebauungsplan zu entwickeln (§ 8 BauGB).
Zwar lässt § 8 Abs. 3 auch eine parallele Änderung bei der Bauleitplanungen zu, jedoch bestehen nach jetzigem Sachstand, erhebliche Mängel (siehe oben) und „offene Abwägungsfragen“ (siehe nachfolgend) gegenüber dieser „indirekten Beschleunigung“ des Ausweisungsverfahrens.
Da, wie oben dargelegt, im Vorfeld der Ausweisung, keinerlei inhaltlich-sachliche und vor allen Dingen abwägende Auseinandersetzung oder substantieller öffentlicher und somit transparenter Diskurs statt-fand, mangelt es dem ganzen Verfahren an adäquater faktischer Seriosität und verletzt insbesondere nach § 1 Abs. 5 BauGB in erheblichem Maße die Aufgaben und Grundsätze einer ordnungsgemäßen Bauleit-planung.
Der Wortlaut, der den allgemeinen Umsetzungsrahmen festlegt:

1) „Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten.
2) Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.

Wie aus dem bisher Geschildertem schon jetzt deutlich wird, verletzt oder missachtet das initiierte Bauleitverfahren Hollfeld Nord mit seinen Veränderungen und Erweiterung grundlegende Basisanforderungen (fett ausgezeichnet) der gesetzlichen und/oder gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen.
Im Nachfolgenden soll nun mit Stellungnahmen, Darstellungen der jetzigen Sachlage und entsprechenden Einwendungen, dezidiert auf schon vorhandene, und mit der Ausweisung sich zu potenzieren drohenden Negativauswirkungen auf die jeweils betroffenen, besonderen Schutzgüter, genauer eingegangen werden.

Negativauswirkungen auf das Schutzgut „Umwelt und Natur“
Nach den eindeutigen Vorgaben von § 1 Abs. 6 (BauGB) sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen, im besonderen Maße zu berücksichtigen:
„7. Die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a) die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b) die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c) umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, (…)
e) die Vermeidung von Emissionen (…)
g) die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h) die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität (…),
i) die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, (…)“

Sachstand – Staus Quo
Mit den in den letzten Jahren vorgenommenen Erweiterungen und Änderungen der Bauleitplanung wurde das Gewerbegebiet Hollfeld Nord auf einer Fläche von über 9 ha ausgewiesen. Diese Flächen wurden Jahrzehnte lang landwirtschaftlich genutzt. Aufgrund der relativ nahen Anbindung an das Stadtgebiet – in einer Sandwichlage – zwischen vormals „Sport und Freizeit“ im Norden sowie Wohnsiedlung / Mischgebiet Weiher im Süden, war der abwägende „Eingriff“ auf Natur und Umwelt zunächst in einem vertretbaren Rahmen.
Mit der Errichtung der Biogasanlage und der Etablierung der Firma Claas im extremen Außenbereich, am Ende des derzeitigen Gewerbegebietes, änderte sich die Ausgangslage jedoch in erheblichem Maße zum Nachteil von Natur und Umwelt, im Sinne der oben dargelegten Aspekte.
Mit den nun vorgebrachten Änderungen und Erweiterungen des Gewerbegebietes bzw. Ausweisung als „Industriegebiet“ wird nach allgemeinem Erkenntnisstand eine Grenzlinie überschritten, die eindeutig zum großen, und nicht korrigierbarem Nachteil für Natur und Umwelt, manifest wird.

Einwände
Wie aus der Kartendarstellung ersichtlich liegt das Gewerbegebiet Hollfeld Nord, insbesondere jedoch die nordwestlich geplante Erweiterung zum „Industriegebiet“, genau in einer, aus Umwelt- und Naturschutzaspekten, sensiblen Mittellage, zwischen dem „Kainachtal“ im Norden und dem „Wiesenttal“ im Süden.

Beide einmaligen Tallandschaften genießen zudem, als dezidiert ausgewiesene „Landschaftsschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Gebiete“, ausdrücklich per einschlägiger Gesetze und Verordnungen festgeschrie-ben, umfassenden privilegierten Schutz (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, § 36 BNatSchG, § 1a Abs. 4 BauGB und § 7 Abs. 6 ROG, Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL).

Wurde durch das schon bestehende Gewerbegebiet Hollfeld Nord die erforderliche „Brückenfunktion“ dieser Flächen für den biodiversen Artenaustausch und Revierwechsel eingeschränkt, so würde bei der Realisierung des angestrebten „Industriegebietes“ (rot markiert) ein erforderlicher Artenaustausch vollständig unterbunden werden und somit bestehende, einmalige Lebensräume, in erheblichem Maße negativen Auswirkungen ausgesetzt, die in keinster Weise auszugleichen sind. Die noch vorhandenen Mikro-lebensräume, die als „Brücke“ für die oben beschriebenen Schutzgebiete noch funktionieren wären vollends zerstört.
Die insbesondere an den Hanglagen des Wiesenttales kleingliedrigen Strukturen, mit in Jahrhunderten gewachsenen, extrem dichten und zahlreichen Hecken und Büschen, ist vor allen Dingen für die Vogelwelt, auch Fasan und Rebhan, ein beliebter und einmaliger Lebensraum, der ihnen Deckung und Schutz beim Übergang von einem Tal zum anderen bietet.
Neben dem drohenden Verlust von Lebensraum durch die angedachte Bebauung der Fläche entstehen selbstverständlich, nicht minder negativ einzuschätzende, Auswirkungen durch die industrielle Nutzung.
Ein 24 Stunden Betrieb an 7 Tagen in der Woche bedeutet, dass alle Lebewesen in diesem empfindlichen Bereich, ohne jegliche Erholungspause, der entstehenden Lärm- und / oder Lichtemissionen permanent ausgesetzt wären und somit nicht nur der Raum direkt, sondern ebenso die angrenzenden Schutzgebiete in ihrer Funktion erheblich beeinträchtigt würden.

Nachdem in unmittelbarer Nähe (ca. 300 m) mit der Erweiterung und Änderung der Bauleitplanung (Sondergebiet „Camping“) für einen großen Camping- und Wohnmobilstellplatz, in unmittelbarer südlicher Angrenzung, an das Kainachtal schon ein erheblicher Verdrängungsdruck für die Tierwelt in die-sem Erholungs- und Landschaftsschutzgebiet entsteht, gilt es nicht nur, Projekte singulär zu bewerten, sondern das additive Zusammenwirken der Einzelmaßnahmen, für den betreffenden (Lebens-)Raum, fundiert darzustellen und adäquat zu bewerten.
So kommt eine Expertenkommission des Umweltbundesamtes, im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung, zum eindeutigen Schluss: „ …dass fortan bei der Erstellung des Umweltberichts auch eine Beschreibung der möglichen erheblichen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt infolge der Kumulierung der Auswirkungen mit anderen bestehenden und /oder genehmigten Projekten unter Berücksichtigung etwaiger bestehender Umweltprobleme in Bezug auf möglicherweise betroffene Schutz-Gebiete mit spezieller Umweltrelevanz oder die Nutzung von natürlichen Ressourcen zu erfolgen hat.“
„Auch durch das BVerwG ist anerkannt, dass die Beurteilung der Einwirkungen eines Plans oder Pro-jekts nicht losgelöst von den Einwirkungen vorgenommen werden kann, denen ein betroffener Lebens-raum oder eine betroffene Art im Übrigen unterliegt (BVerwG, Urteil vom 14.04.2010, Az.: 9 A 5.08, juris, Rn. 88).“
Das geplante Vorhaben beeinträchtigt zudem in erheblichem Maße die natürliche Eigenart der Landschaft und widerspricht „wesensfremd“ im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 5 Alt. 2, 3 BauGB der naturgemäßen Nutzung der Landschaft. Wie die Bilddarstellung bzw. die Simulations-Montage zeigen, würde das Bauvorhaben, die noch vorhandene schützenswerte Landschaftssituation, als überdimensionaler auffälliger Fremdkörper, in ästhetischer Hinsicht, gravierend beeinträchtigen.

Umweltbezogene Negativauswirkungen auf das Schutzgut „Mensch und seine Gesundheit“
Mit Verweis auf die oben ausführlich dargelegten Vorgaben nach § 1 Abs. 6 (BauGB), die bei der Aufstellung von Bauleitplänen im besonderen Maße zu berücksichtigen sind, sollen im Nachfolgenden speziell die Aspekte umweltbezogener Negativauswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung hinsichtlich von Lärmimmissionen und / oder Luftverschmutzungen eingegangen werden.
Seit mehreren Jahrzehnten herrscht wissenschaftlicher Konsens, dass permanenter (Verkehrs-)lärm die Gesundheit der betroffenen Menschen in erheblichem Ausmaß negativ beeinflusst. So führt die stetig induzierte Ausschüttung von Stresshormonen, bei minderer Ausprägung zu Nervosität, Gereiztheit und erheblichen Konzentrationsstörungen, bei langfristiger Exposition über einen gewissen Pegel, zu massiven Primär- und / oder Sekundärerkrankungen des kardiopulmonalen Systems, bis hin zu einer verkürzten Lebenserwartung.

Sachstand – Status Quo
Die Bewohner des nord-westlichen Teils der Stadt Hollfeld sind aufgrund von zahlreichen infrastruktu-rellen Einrichtungen wie, Schulen, Kindergärten, Stadthalle, Hallenbad, Sportzentrum, Jugendzeltplatz, Hackschnitzelanlage, Biogasanlage, Gewerbe und den, in jüngste Vergangenheit neu hinzugekommenen, Einkaufsmärkten und der Ansiedlung der Firma Class im Außenbereich des Gewerbegebietes Nord, weit über dem Durchschnitt der restlichen Bevölkerung mit überproportionalem Verkehrslärmimmissionen konfrontiert.
Hauptkristallisierungspunkt ist dabei die im Stadtgebiet verlaufene Staatsstraße ST 2191, „Kulmbacher Straße.“ Zählt man die stadteinwärts verlaufende „Bamberger Straße“ zum besonders betroffenen Bereich dazu, so sind immerhin mindestens 500 Bewohner unserer Stadt, darunter ein Seniorenheim, in erheblichem Ausmaß von diesen gesundheitsgefährdenden Lärmimmissionen betroffen.
Auch trägt die spezifische Ausgestaltung der Kulmbacher Straße mit einer Geradenlänge von über 600 m und die ansteigende Topographie in hohem Umfang zur Erhöhung des Verkehrslärms bei.
Die nachfolgenden validen Zahlen des Verkehrsaufkommens verdeutlichen die Situation anschaulich:
Zu den Schulzeiten bewegen sich täglich am Morgen und entsprechend am Nachmittag ca. 1.800 ! Menschen, mit den unterschiedlichsten Verkehrsmittel, – meist Bus oder PKW – über die Kulmbacher-Str. zu oder von den Schulen/Kindergärten.
Neben dem insgesamt mit Schwerlastverkehr Anstieg dieser „Grundlast“ an Verkehrsaufkommen und den damit einhergehenden Lärmimmissionen, sind insbesondere in den letzten Jahren in diesem Bereich die Etablierung einer Hackschnitzel- und einer großen Biogasanlage mit den damit verbunden Belieferungsverkehr, maßgeblich verantwortlich für eine Potenzierung des Lärmaufkommens, des Lärmpegels und der Dauer der Belästigungen.
In konkreten nachvollziehbaren Zahlen ausgedrückt, bedeutet dies für den gesamten Belieferungsverkehr der beiden Anlagen im Jahresverlauf: Bei einer durchschnittlichen Belieferungsdauer von ca. 16 Wochen im Jahr, mit im Mittel 10 Fahrten (hin und zurück) pro Stunde, ist das eine tägliche Mehrbelastung von 120 und ein wöchentliches Mehraufkommen von 840 Fahrten. Das summiert sich im Jahresverlauf auf zusätzliche 1.920 Belieferungsfahrten, alleine für diese Anlagen. In PKW-Äquivalenz (nach Umweltbundesamt, HEBFA entspricht 1 LKW fast mehr als 20 PKW bei den Lärmimmissionen) ausgedrückt, wären das dann fast zusätzliche 40.000 ! PKWs. Wenn dann der „normale Traktorenverkehr“ (Erntezeit, Feldbestellung, Fahrbetrieb Firma CLAAS) noch mit mindestens Faktor 3 dazurechnet wird, sind das ca. 6.000 Traktorfahren mit einer PKW-Äquivalenz von 120.000 ! PKWs.
Verstärkend kommt bei diesen Zahlen noch hinzu, dass es sich bei den verwendeten modernen Traktoren-Gespannen um Maschinen handelt, die die gesetzlichen Rahmenbedingungen, was Volumina und Geschwindigkeit anbelangt, maximal ausreizen und so nochmals deutlich ( > 90 dB(A)) über den Lärmimmissionen von LKWs mit gleicher Geschwindigkeit und Tonnage liegen.
Wie die Erfahrung und die entsprechenden wissenschaftlichen Untersuchengen zeigen, sind nicht die Motoren, sondern im erheblichen Maße die großvolumigen Bereifungen der Gespanne mit den Abrollgeräuschen, für die sehr hohen Geräuschentwicklungen verantwortlich. Wie durchgeführte Lärmpegelmessungen belegen, sind diese fast ausnahmslos in einem Bereich von 80 bis über 90 dB (A)! zu verifizieren. Das sind Lärmpegel, die eindeutig schon den Bereich zur Gesundheitsschädigung überschreiten.
Zudem kommt hierbei verstärkend hinzu, dass das profil- und /oder unwuchtbedingte an- und ab-schwellende „Wummern“ der Gespanne schon über 500 m vorab und in gleicher Weise nach der Passage, sogar mit Resonanzschwingungen im Gebäude selbst, deutlich belästigend hörbar und „spürbar“ ist.
Wie oben dargelegt, werden auch aufgrund der Straßenführung (Anstieg, Länge) die beschriebenen Lärmimmissionen nochmal, durch den sehr häufig maximal gefahrenen Lastbetrieb beim Bergauffahren, und beim Verzögerungen mit, relativ gesehen, zu hohen Geschwindigkeiten deutlich erhöht. Wenn dann noch pfeifende oder gar kreischende Bremsen des Gespanns dazukommen, sind das dB (A)-Werte > 95 im Bereich eines startenden Flugzeugs.
Wie das Bundesamt für Straßenwesen untermauert:„…gehören die Auswirkungen von Lärm zu den gegenwärtig dringendsten Umweltproblemen.“ (…) „Im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie wird der Lärmschutz indirekt in verschiedenen Indikatorbereichen abgebildet (SDG 3: Gesundheit, 9: Innovation & Infrastruktur, 11: Nachhaltige Städte & Gemeinden). (…) „Die durch Verkehr verursachten Lärmbelastungen sind zu mindern, um dauerhafte Mobilität bei gleichzeitiger Vermeidung nega-tiver Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Ökosystemleistungen zu ermöglichen.“
Die ausführliche Beschreibung der Ausgangssituation verdeutlicht nachvollziehbar, dass im Bereich der Kulmbacher-Str bzw. der Staatsstraße ST 2191 schon seit längerem alle relevanten nationalen und inter-nationalen Richtlinien, Verordnungen und Gesetze hinsichtlich der Geräuschemissionen und Lärmimmissionen nicht eingehalten werden. Ältere durchgeführte, berechnende, Emulationen sind bei normalverteilen Vorkommnissen und unter Annahme einer Optimalkulisse annährend aussagekräftig, spiegeln jedoch im oben beschriebenen Fall, die realen Verhältnisse in keinster Weise wider.
Es darf im vorliegendem Fall angenommen werden, dass alle betroffenen Anwohner dieses Bereiches schon längst einen gesetzlichen Anspruch auf Installation eines aktiven Lärmschutzes haben und dieser bis dato nicht etabliert wurde.

Einwände – Lärmschutz
Nach Aussagen der Planer des LIDL-Lagers ist mit einem LKW-Verkehrsaufkommen von 200 bis 500 Fahrten pro Tag zu rechnen. Bei Annahme eines mittleren Wertes von 300 LKW-Fahrten, wären das dann, in der Annahme, dass überwiegend direkt zur Autobahn gefahren wird, anteilig 200 LKWs Rich-tung A 70 und ca. 1/3, also 100 LKWs, zusätzlich zum bestehenden Aufkommen, über die Kulmbacher-Str. durch den Stadtbereich in südöstlicher Richtung.
Berücksichtigt man dabei noch, die schon mit einem entsprechenden Flächennutzungs- und Bebauungsplan beschlossene, Erstellung eins Camping- und Wohnmobilstellplatzes in diesem Areal, so sind hier sicherlich nochmals 100 bis 150 zusätzliche Wohnmobil- bzw. PKW-Fahrten anzunehmen. Wenn dann schließlich die noch freien Flächen (ca. 8,3 ha) des Gewerbegebietes Nord mit Firmen und Unterneh-men belegt sein werden, kommt nochmals ein unkalkulierbares Verkehrsaufkommen dazu.
Aus Sicht der Anwohner der betroffenen Straßenabschnitte ist dies, unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausgangssituation, eine umweltschutzwidrige, inakzeptable zusätzliche, Lebens- und Gesundheitsbeeinträchtigung sowie eine Wert-Minderung ihrer Rechtsgüter.
In solchen Situationen ist nach den Experteneinschätzungen des Umweltbundesamtes und der Bundesanstalt für das Straßenwesen ein „Modell zur Gesamtlärmbewertung“ anzuwenden, das die Kumulation der Geräuschemissionen von verschiedenen Quellen der Verkehrsträger in ihrem jeweiligen Zusammenwirken validiert. Die bisher angewandte, simulationsgestützte Einzelbetrachtung der Verkehrsträger wird einer adäquaten Bewertung komplexer Lärmsituationen mit überlagernden Geräuschszenarien nicht mehr gerecht.
Klar erklärt das Bundesverwaltungsgericht dazu: „Der zum Schutz verpflichtete Staat darf sich dieser Verpflichtung auch nicht dadurch entziehen, dass er summierte Immissionen bereits konzeptionell unbeachtet lässt.“ (..) „er habe Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachten. Er dürfe durch sein Verhalten die Gesundheit des Einzelnen nicht verletzen.“ (Grundlegendes Urteil vom 21.03.1996)
Unter Berücksichtigung dieser Feststellungen ist für das besagte Gebiet, mit den im Gutachten des Umweltbundesamtes vorgeschlagenen Methoden, der derzeitige Status Quo neu zu bewerten, und die in den Änderungen- und Erweiterungen des Flächennutzungsplanes vorgesehenen, zusätzlichen Verkehrs-Lärmquellen, objektiv nachvollziehbar zu berücksichtigen.
Neben den beschriebenen erheblichen Negativwirkungen des Verkehrslärms, sind auch durch den 24stündigen Betrieb des geplanten Lagers, Geräuschemission und Lichtimmissionen in direkter Form auf die seit Jahrzehnten bestehende Wohnbebauung zu konstatieren. Insbesondere die auf gleicher Höhenebene befindliche Wohnbebauung im Ortsteil Neidenstein, die zudem im Bereich von nur ca. 380 Metern in direkter Sichtlinie liegt, wären Tag und Nacht diesen Beeinträchtigungen ausgesetzt. In etwas reduzierter Form (ca. 500 Meter) trifft dies auch für die südwestliche Wohnbebauung des Ortsteils Weiher zu.
Rein aus physikalisch-schalltechnischer Sicht, ist zudem zu erwarten, dass die Talrandlage (Wiesenttal) des geplanten Lagers, dessen permanente Betriebsgeräusche komprimieren und unverhältnismäßig weiter modulieren würde, und somit der gesamte Ortsteil Neidenstein und mit Einschränkung sicher auch der Ortsteil Weiher, belastet würden.
Die zu erwartenden erheblichen negativen Lärmauswirkungen auf die gesamten tierischen Lebensbereiche wurden schon oben dargelegt.

Einwände – Luftemissionen
Nach den oben aufgezeigten eindeutigen Vorgaben des § 1 BauGB 7h „… ist die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität“ eine prominente Bedingung für die Erstellung von Bauleitplänen.
Nach den bisherigen Ausführungen zum schon bestehenden Verkehrsaufkommen, muss man faktisch feststellen, dass dieses Kriterium bislang keine entsprechende Berücksichtigung bei der Ausweisung der Gewerbe- bzw. Industrieflächen gefunden hat.
Nach dem Berechnungsmodell des Umweltbundesamtes (HBEFA) würden, alleine aufgrund des LKW-Verkehrs (300 Fahrten zur und von der Autobahn am Tag) des LIDL-Lagers, bei einem durchschnittlichen CO2-Ausstoß jedes LKWs von 790 g/km, im Jahr zusätzlich ca. 510.000 Tonnen an CO2 in unserem unmittelbaren Lebensbereich ausgestoßen.
Fragen der Klimaschädlichkeit sind an dieser Stelle selbstredend.
Das Prädikat der Stadt Hollfeld als „Staatlich anerkannter Erholungsort“ dürfte nach der Umsetzung des beabsichtigten Flächennutzungsplanes mit den erheblichen Lärm- und / oder Luftbeeinträchtigungen eindeutig zur Disposition stehen. Die entsprechenden Richtwerte für „Erholungsorte“ nach BImSchV, mit maximal 57 dB (A) für den Verkehrslärm und 45 dB (A) für Gewerbe und Industrie tagsüber, bzw. maximal 47 dB (A) und 35 dB (A) in den Nachtstunden, werden kaum einzuhalten sein.

Schlussbetrachtung

Aus dem bisher Dargelegten wurde deutlich, dass das gesamte Bauleitplanungs-Verfahren (Hollfeld Nord) mit der 26. Änderung des Flächennutzungsplanes und der 7. Änderung und Erweiterung GE Hollfeld Nord vom 22.06.21 mit, teilweise erheblichen, Mängeln und Lücken im Verfahrensgang, als auch mit inhaltlich-sachlichen Unvollständigkeiten, sowie mangelhafter Berücksichtigung und Abwägung von relevanten Schutzgütern, behaftet ist.

  • der fehlende Nachweis für den „Bedarf“ einer Neuausweisung
  • erhebliche Defizite und Missachtung des Grundsatzes der Öffentlichkeit (GO Art. 52) im Aufstellungsgang
  • Entwicklung des Bebauungsplanes nicht aus dem Flächennutzungsplan nach § 8 BauGB, sondern mit „indirekter“ Beschleunigung parallel
  • keine adäquate Würdigung und Abwägung von möglichen Negativauswirkungen auf die umfassenden Schutzgüter „Umwelt und Natur“
  • keine adäquate Würdigung und Abwägung von umweltbezogenen, potentiellen Negativauswirkungen auf das Schutzgut „Mensch und seine Gesundheit“
  • keine Orientierung an gesellschafts- und / oder klimapolitischen Rahmenbedingungen sowie des evidenten wissenschaftlichen Sach- und Faktenstandes

Keine stimmige & nachhaltige Stadtentwicklung

Abschließend muss noch die Frage aufgegriffen werden, ob das gesamte Vorhaben der Flächenausweisungen noch mit einer stimmigen, und vor allen Dingen, nachhaltigen und weitsichtigen Stadtentwicklung vereinbar sind.
Neben einem erst kürzlich verabschiedeten „Sondergebiet Camping“, das dezidiert den Aspekt „Erholung“ als Grundlage ausweist, in einer Entfernung von ca. 300 Metern, ein „Industriegebiet“ mit emissionsintensivem Logistikbetrieb zu etablieren, scheint wenig durchdacht zu sein und Nutzungskonflikte geradezu nur zu provozieren.